-Sonne und Haut, auf die Dosis kommt es an-
Sonnenlicht und künstlich erzeugtes Licht sind für den Hautarzt Werkzeuge zur Behandlung von Hauterkrankungen. Die Sonne kann aber bei Nichtbeachtung wichtiger Regeln im Umgang mit Sonnenlicht die Haut empfindlich schädigen. Aus diesem Grunde ist es sinnvoll, sich bei der Betrachtung von Ursachen und Therapie der Hauterkrankungen mit dem Lebensspender Sonne auseinanderzusetzen.
Die Sonne strahlt ein breites Spektrum an elektromagnetischen Wellen aus. Die kleinsten Wellen (kleiner als 200 nm) sind die Gammastrahlen und die Röntgenstrahlen. Das ultraviolette Licht C (UVC) hat eine Wellenlänge von bis zu 280 nm. Die Menschen auf der Erde werden durch die Ozonschicht vor diesen schädlichen Strahlen geschützt. Setzt sich der Mensch der Sonne aus, werden die Augen und die Haut vom ultravioletten Licht UVB (bis 320 nm) und UVA (bis 400 nm) bestrahlt. Ab einer Wellenlänge von 400 nm kann man das von der Sonne ausgestrahlte Licht und seine unterschiedlichen Spektralfarben, die man in einem Prisma oder in einem Regenbogen sieht, mit dem Auge wahrnehmen.
Wir alle wissen, dass es ohne Sonnenlicht auf der Erde kein Leben gäbe. Diesen Zusammenhang kann man in der Natur leicht erkennen, und er ist allgegenwärtig. In den lichtarmen Jahreszeiten findet in der Vegetation nur wenig Wachstums statt; an sonnenreichen und damit auch wärmeren Tagen erwachen Flora und Fauna wieder zu neuem Leben. Die Sonne ist natürlich auch für die Menschen wichtig. Das Sonnenlicht fördert das Wohlbefinden, die Lebenslust und die gute Laune. Wissenschaftler haben u.a. festgestellt, dass durch das Sonnenlicht Glückshormone (so genannte Endorphine) in der Haut vermehrt gebildet werden, die zu einem positiven Stimmungsumschwung führen. Deshalb setzt man in der Psychiatrie bei Gemütserkrankungen sichtbares Licht (so genannte Lichtduschen) ein, um erfolgreich Depressionen zu behandeln. Durch den Einsatz von Lichtgeräten, insbesondere in der dunklen Jahreszeit, können Patienten, die an Depressionen leiden oder dazu neigen, auch zu Hause diese einfache und gut wirksame Form der Lichttherapie nutzen.
Das Sonnenlicht stimuliert auch den Vitamin-D-Stoffwechsel. Nur durch Sonne kann das wichtige Vitamin D in der Haut gebildet werden. Dieses Vitamin ist u.a. dafür zuständig, Kalzium in den Knochen einzubauen und ihn damit hart und widerstandsfähig zu machen. Gerade am Anfang des 20sten Jahrhunderts gab es bei Kindern eine heimtückische Krankheit: die Rachitis. Bei der Rachitis kommt es zu Verformungen der Knochen, insbesondere der Wirbelsäule und des Brustkorbes, die darauf zurück zu führen sind, dass aufgrund eines Vitamin D-Mangels kein Kalzium in die Knochen eingebaut wird. Zum Beispiel waren hier besonders Kinder in England betroffen (Englische Krankheit), die in Städten mit hoher Smogbelastung lebten, denn hier konnten Sonnenstrahlen die Dunstglocke mit Rußpartikeln nicht durchdringen. Andere Kinder waren deshalb an Rachitis erkrankt, weil sie tagsüber in Bergwerken arbeiten mussten und kaum die Sonne sahen. Heute findet man die Rachitis vorwiegend in Schwarzafrika aufgrund von Mangelernährung, aber ebenfalls bei Säuglingen in Europa, die grenzwertige Vitamin D Spiegel aufweisen können.
Auch das Immunsystem wird durch die Sonnenstrahlung stimuliert. Es konnte gezeigt werden, dass die Abwehrkraft des Körpers durch Sonnenbestrahlung der Haut gestärkt wird. Weiterhin werden das Nervensystem und der Hormonhaushalt des Menschen durch das Sonnenlicht positiv beeinflusst. Nicht zuletzt werden verschiedene chronische Hauterkrankungen durch Sonneneinstrahlung wesentlich verbessert. Dieses ist auch der Grund dafür, dass viele Patienten mit Schuppenflechte oder Neurodermitis Ferienorte am Meer oder auf Inseln während des Sommers besuchen, weil es ihnen schon nach kurzer Zeit wesentlich besser geht. Von Bedeutung sind hier nicht nur die zahlreichen Sonnentage, sondern auch die Reflektion des UV-Lichtes durch das Wasser oder durch den Sand am Strand.
In vielen dermatologischen Praxen und Kliniken stehen UV-Lichtkabinen zur Verfügung. Im Gegensatz zum Sonnenlicht mit seinen vielen breitbandigen und zum Teil gesundheitsschädlichen UVA- und UVB-Lichtwellen werden hier sehr kostspielige UV-Lichtröhren eingesetzt, die UV-Licht in einer ganz speziellen Wellenlänge ausstrahlen. Bei der Schuppenflechte wird z. B. ein UVB-Licht mit einer Wellenlänge von genau 311 nm eingesetzt; bei genau dieser Wellenlänge heilt die Schuppenflechte besonders gut ab, und Strahlen mit anderen Wellenlängen, die die Haut schädigen können, treffen somit nicht auf die Haut. Ähnliches gilt auch für die Behandlung der Neurodermitis; allerdings wird hier ein besonderes Spektrum von UVA-Strahlung (UVA1) erfolgreich eingesetzt, denn UVA2 hat einen Anteil schädigender Lichtwellen. Diese medizinische Lichtbehandlung kann wie ein Medikament sehr genau dosiert werden.
Sonnenlicht ist lebenswichtig. Es kann bei richtiger Anwendung glücklich und gesund machen. Wo es Licht gibt, findet man aber auch Schatten. Das Licht mit seinen positiven und heilenden Eigenschaften kann leider auch schädigende Einflüsse auf die Haut haben. Hier gilt der wichtige Leitsatz des berühmten Arztes Paracelsus (1493 bis 1541), der schon früh die heute noch gültigen Grundsätze „allein die Menge macht das Gift" und „alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift" geprägt hat. Wenn der Mensch sich also im Übermaß UV-Strahlung aussetzt, kommt es zur Entwicklung eines Sonnenbrandes (Rötung der Haut = Erythem). Hauptverantwortlich hierfür ist das energiereiche UVB-Licht, das relativ oberflächlich, ca. 1 mm tief, in die Haut eindringt und eine Entzündungsreaktion mit Rötung der Haut hervorruft. Wichtig ist hier die Information, dass im Gegensatz zu UVA-Strahlen UVB Stahlen Fensterglas nicht durchdringen können. Trotz der Hitze im Auto an heißen Sommertagen ist die Wahrscheinlichkeit gering, bei langen Fahrten einen Sonnenbrand zu bekommen. Allerdings können Hautschäden durch das UVA-Licht entstehen (z. B. Hautalterungen bei Berufskraftfahrern). Auf UVA-Undurchlässigkeit geprüfte (Prüfsiegel!) Sonnenbrillen sollten unbedingt getragen werden, um die Augen UVA Licht-bedingten Schäden zu schützen.
Abhängig vom Hauttyp kann man in einer Hautklinik oder Praxis die Menge an UVB-Energie bestimmen, die gerade noch eine sichtbare Rötung (Erythem) hervorruft. Diese Energiemenge an UVB-Strahlung bezeichnet man als die minimale Erythemdosis (MED). Bei extremer UV-Bestrahlung, z.B. wenn ein Mensch beim Sonnenbaden einschläft und sich während der Mittagshitze über mehrere Stunden ungeschützt der Sonne aussetzt, kann es sogar zu lebensgefährlichen Verbrennungen mit Ablösen der Haut und Blasenbildung kommen. Diese Menschen müssen dann in der Hautklinik oder intensivmedizinisch betreut werden und zwar so, als hätten sie ausgedehnte Brandwunden aufgrund eines Feuers. Der ganze Körper reagiert dann auch mit Übelkeit und Fieber. Todesfälle, meist auf Grund von Nierenversagen und der damit verbundenen Vergiftung des Blutes, sind bei besonders ausgeprägten Sonnenbränden beschrieben worden.
Im Gegensatz zum energiereichen UVB-Licht ist das UVA-Licht langwelliger und dringt tiefer in die Haut ein. Hierbei kommt es in der Regel erst bei sehr hoher Dosierung zu Hautrötungen. Ähnlich wie das UVB-Licht führt auch das UVA-Licht zu einer Alterung der Haut. Bei lang anhaltender UV-Lichtbestrahlung über viele Jahre findet sich ein unwiederbringlicher Verlust an elastischen und das Gewebe stützenden Fasern in der Haut (z. B. Kollagen). Dies führt zu einer ausgeprägten Faltenbildung. Trotz aller Versprechungen der Kosmetikindustrie ist der Vorgang der Hautalterung mit Cremes und Salben nur schwer und sehr aufwendig rückgängig zu machen. Kosmetische Eingriffe oder Operationen sind kostspielig und haben in der Regel entweder nur einen relativ kurzzeitigen Effekt (z. B. Kollagenunterspritzungen oder so genannte Botox-Kuren) oder lassen die Haut im Bereich des Gesichtes oder des Halses unnatürlich straff erscheinen.
Die Empfindlichkeit auf das UV-Licht ist bei jedem Menschen verschieden. Diese Unterschiede hängen einerseits von der Dicke der Hornschicht ab, vor allem aber vom Grad der Melaninpigmentierung, der das Ausmaß der Bräunung der Haut ausmacht. Melanin ist ein dunkelbrauner Farbstoff, der von speziellen Zellen in der Haut, den Melanozyten, produziert und in die Umgebung der Zellen abgegeben wird. Diese Farbpigmente fangen wie ein Filter UV-Licht ab und schützen somit die Haut vor den möglichen Schäden der UV-Strahlung. Menschen mit vielen Pigmenten in der Haut, also dunkelhäutige Individuen, sind somit vor ungünstigen Einflüssen des UV-Lichtes besser geschützt als hellhäutige. Die Produktion der braunen Farbpigmente wird in den Melanozyten dann gesteigert, wenn UV-Licht auf sie trifft. Deshalb hat, mit wenigen Ausnahmen, fast jeder Mensch innerhalb gewisser Grenzen die Möglichkeit, die Menge des vorhandenen Farbstoffes in der Haut zu vermehren und sich dadurch einer verstärkten Belastung mit UV-Licht auszupassen. Die Entwicklung der Hautbräunung ist somit ein Selbstschutz der Haut. Wichtig ist zu wissen, dass künstliche Bräunungsmittel, die keinen Einfluss auf die Farbpigmentbildung haben, auch keinen Schutz gegen UV-Strahlung bewirken.
UV-Licht schädigt die Erbsubstanz der Zellen, auf die sie treffen. Gesunde menschliche Hautzellen haben normalerweise die Möglichkeit, die Schadstellen in der Erbmasse der Zellen (DNA), die durch UV-Licht entstanden sind, zu erkennen und zu reparieren. Die Zellen sterben nicht ab, und nach relativ kurzer Zeit können die betroffenen Zellen wieder normal ihre Arbeit verrichten. Liegt jedoch eine genetische Erkrankung vor, bei der dieser Reparaturmechanismus defekt ist, oder kann die Reparatur nicht mehr sachgerecht durchgeführt werden, weil die Zellen mit zu viel UV-Licht in Kontakt gekommen sind, so werden die Zellen geschädigt und können nicht mehr richtig funktionieren. Ein auf längere Zeiträume andauerndes Überangebot von Sonnen- bzw. UV-Einstrahlung auf die Haut führt somit zu lang anhaltenden, chronischen Schäden. Diese Schäden kann man sehr gut erkennen: Man sieht intensive Faltenbildung, Trockenheit, Gelbfärbung und Pigmentflecken. Des Weiteren ist bekannt, dass ein Zuviel an UV-Bestrahlung bei der Entwicklung von bösartigen Hauttumoren und Hautveränderungen (Präkanzerosen und Karzinomen) eine entscheidende Rolle spielt.